Die heutige Pfarrkirche in Wittenbach hat genau betrachtet zwei Vorgängerinnen:
Die den Heiligen Ulrich und Bartholomäus geweihte Cappell, im Gebiet des heutigen Kappelhofs im Osten der Gemeinde, und eine zweite dem Pilgerpatron Jakobus geweihte Kapelle, auf der Anhöhe ob der Bächi, ganz in der Nähe der heutigen Pfarrkirche.
In den Jahren 1675/76 wurde auf dem heutigen Ulrichsberg ein neues Gotteshaus und ein Pfarrhaus (1958 leider abgebrochen) errichtet.
Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1675 nach den Plänen von Pater Maurus Heidelberger OSB vom Kloster St. Gallen. Die Bevölkerung von Wittenbach wurde zu umfangreichen Fronarbeiten herangezogen. Steine wurden im Winter von der nahen Sitter heraufgeschleppt und auch die alte Kapelle (zu Cappell) diente als Materiallieferant für den Neubau. Bereits nach 11/2 Jahren Bauzeit wurde die neue Kirche auf dem Ulrichsberg von Abt Gallus Alt eingesegnet. Die Einweihung erfolgte am 22. Mai 1680 durch den Konstanzer Bischof Georg Sigismund Müller. Hauptpatron wurde der hl. Ulrich und als Nebenpatrone die Heiligen Bartholomäus und Jakobus.
Bei den zahlreichen Renovationen und Umbauten (Kirchturm, Schindeldach, Turmhelm etc.) wirkten neben anderen die bekannten Baumeister Johannes und Jakob Grubenmann von Teufen AR mit. Diese spätere Erweiterungen und Umbauten gaben immer wieder zu grösseren Diskussionen Anlass, wohl auch wegen der finanziellen Situation. Trotzdem reichte es zu einer Verlängerung der Kirche um 18 Schuh (ca. 6 Meter), einer neuen Gipsdecke im Kirchenschiff und neuen Fenstern. Im Inneren der Kirche wurde das Gotteshaus bereichert durch drei neue Altäre, eine neue Kanzel, Chor- und Beichtstühle und im Westen des Kirchenschiffs durch eine neue Empore. Die Deckenspiegel und das Bildfeld an der Emporenuntersicht wurden mit Fresken versehen.
Die letzte grosse Renovation (innen und aussen) erfolgte in den Jahren 1969 bis 1972. Unter Mitwirkung der eidgenössischen und kantonalen Denkmalpflege wurde die Situation von 1812/13 wieder hergestellt. Gleichzeitig wurden verschiedene Fehler der jüngeren Zeit korrigiert. Der Altarraum wurde den vom Zweiten Vatikanischen Konzil geforderten liturgischen Neuerungen angepasst.
Der Turm wurde um 2 Meter erhöht und um zwei neue Glocken mit der Klangfolge: A, cis, e, fis, a, h erweitert. Auch die Innengestaltung sowie die Deckengemälde wurden erneuert. Die nun farblosen Wabenscheiben brachten dem Innenraum der Kirche bessere Lichtverhältnisse. Dazu kam noch eine neue Bestuhlung für den Kirchenraum und schliesslich schaffte man 1994 eine neue Orgel mit 23 Registern an.
Das Innere der Kirche: Die Statuen von St. Gallus und St. Otmar stammen noch aus der Zeit der alten Kapelle (zu Cappell); eine Statue des Kirchenpatrones St. Ulrich ziert eine Nische in der rechten Seitenwand. Das vordere Deckengemälde stellt die Schlacht im Lechfeld (955) dar, wo der hl. Ulrich (Bischof in Augsburg), nach der Legende, mithalf, das "heidnische" Reitervolk der Ungarn zurückzuschlagen. Weitere Deckengemälde zeigen eine Abendmahlsdarstellung und Mose vor dem brennenden Dornbusch mit Gottvater und den himmlischen Heerscharen. Im Kreuzgewölbe erkennt man die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Über der Empore stellt ein weiteres Gemälde (passend zur Orgel und zur Kirchenmusik) König David mit Harfe und singenden Engeln dar.
Die Kirche verfügt übrigens über eine ausgezeichnete Akustik, was auch der Kirchenchor zu schätzen weiss. Regelmässig finden gut besuchte Konzerte statt.Der Kirchenschatz umfasst wertvolle Kelche, schöne Kerzenständer, eine teilweise vergoldete Monstranz, ein Wettersegenskreuz, ein Reliquiar des hl. Ulrich und ein kostbares Vortragekreuz. Unter den Paramenten sind zwei Messgewänder hervorzuheben: ein rotes aus Goldbrokat und ein weiteres mit Silberstickereien.
Juli 2006, P. Bemet